Interview lll (geführt von Zico am 16.10.2018)

"Es wird mir von Tag zu Tag egaler"

 

Zico : Hi Werner. Der Sommer ist vorbei. Wie war er für dich?

Werner : Perfekt. Diese unglaubliche Hitze. Herrlich.

 

Zico: Stehst du auf Hitze?

Werner: Eigentlich gar nicht. Aber ich habe einfach ein Spiel daraus gemacht. Wenn ich morgens aus der Tür herausgetreten bin, habe ich in den blauen Himmel gesehen und gefragt "Na, du Tag! Geht es noch heißer?". Und dann diese endlos warmen Nächte. Genau mein Ding.

 

Zico : Wie geht es der Band?

Werner : Wunderbar. Im Moment laufen die Proben für Magdeburg. Wir sind guter Dinge.

 

Zico : Du spielst gerne dort.

Werner : Oh ja. Ich fühle mich dort willkommen und geschätzt.

 

Zico : In Berlin nicht?

Werner : Doch! Nichts gegen die Berliner Familie. Die ist top. Die begleiten uns schon von Anfang an, und wir haben denen so vieles zu verdanken. Es ist nur so, dass wenn man in der Fremde so herzlich aufgenommen wird, wie wir in Magdeburg, einem das besonders nahe geht. Mir geht es jedenfalls so. 

 

Zico : Es gibt euch inzwischen schon seit mehr als zwölf Jahren. Eine ausgesprochen lange Zeit.

Werner : Da hast du recht. Eine lange Zeit. Und eine verdammt schöne dazu. Weißt du, die Band ist cool. Die Jungs sind einfach cool.

 

Zico : Aber ihr spielt zu wenig.

Werner : Zico, du bist ein kluger Junge! Du hast vollkommen recht. Das nächste Jahr muss es auf jeden Fall anders aussehen. Ich könnte jetzt auf schwierige Umstände verweisen, die es auch tatsächlich gibt, aber das wär' jetzt zu einfach. Es liegt an uns und -- um die Verantwortung noch enger einzukreisen -- an mir. Ich werde mein Bestes geben. Versprochen. 

 

"Ich brauche einen Ort, an dem ich mein Herz wieder auffüllen kann, um selber wieder ein Gebender zu sein."

 

Zico : Warum machst du Solo-Alben?

Werner : Gute Frage. Zum einem, finden sich da Songs wieder, die vielleicht nicht zur Band passen oder die sie nicht mag. Zum anderen denke ich, weil ich einen Raum brauche, wo ich nur mit mir bin. Aus diesem Raum komme ich gestärkt in die Band, und kehre gestärkt von der Band wieder in diesen ein. Es ist eine Wechselbeziehung, von der wir alle profitieren. Ähnlich wie in einer Liebesbeziehung. Ich brauche einen Ort, an dem ich mein Herz wieder auffüllen kann, um selber wieder ein Gebender zu werden.

 

Zico : Und warum gibt es dann keine Solokonzerte von dir?

Dazu konnte ich mich bisher nicht durchringen. Aber ich bin am Überlegen, auf eine Solo-Tour der besonderen Art zu gehen: Ich möchte bei den Leuten zu Hause spielen. Ohne Gage. Ich will lediglich die Anfahrtskosten. In Berlin also kein Problem. Bundesweit nur das Zugticket. Ich werde mal demnächst `ne Umfrage starten und mal schauen, wie das Interesse aussieht. Ich bin gerne zu Hause, aber auch gerne ein Vagabund.

 

Zico : Gibt es einen Song, den du gerne geschrieben hättest?

Werner : So viele! 

 

Zico : Zum Beispiel?

Werner : "Der Mond ist aufgegangen".

 

Zico : Nicht gerade brandaktuell.

Werner : Das mag sein, aber in seiner Schönheit wird er es immer sein.

 

Zico : Mal eine persönliche Frage. Bist du mutig?

Werner : Ich war oft mutig, und bin aufgestanden, wo alle sitzengeblieben sind. Und ich bin oft sitzengeblieben, wo Andere aufgestanden sind, und habe mich meiner Feigheit geschämt. Ich kenne also beide Seiten.Tapfer bin ich auf jeden Fall. Ja, ich bin ein tapferes Kerlchen.

 

Zico : Wo ist da der Unterschied?

Werner : Für mich ist Mut männlich, und Tapferkeit weiblich. Mut geht nach außen und überwindet - Tapferkeit ist stark und hält aus.

 

Zico : Aber beides gehört doch irgendwie zusammen, oder ?

Werner : Genau. Beides gehört zusammen. Es sind nur zwei verschiedene Pole. Im optimalen Fall herrscht eine Balance. Die innere und die äußere Welt braucht sie beide.

 

Zico : Kannst du dich noch an deinen allerersten Song erinnern, den du geschrieben hast ?

Werner : Ja, ich war 16 Jahre alt, und der Song hieß "Chaos".

 

Zico : Passt ja zum Alter.

Werner : Du sagst es.

 

"Ja, ich hatte eine schöne Kindheit. Außergewöhnlich, wild, abenteuerlich und schmerzhaft."

 

Zico : Würdest du sagen, dass du eine schöne Kindheit hattest ?

Werner : Darüber könnte ich jetzt lange erzählen, was ich aber nicht tun werde. Mein Sohn fragt mich oft danach und ihm erzähle ich alles. Das bin ich ihm schuldig. Um es kurz zu sagen: Ja, ich hatte eine schöne Kindheit. Außergewöhnlich, wild, abenteuerlich und schmerzhaft.

 

Zico : Was schätzt du an Menschen?

Werner : Zuverlässigkeit. Da muss ich oft an meine Mutter denken. Wenn du mit ihr um 12.00 an der Bushaltestelle verabredet wärst, und in der Zwischenzeit ein Atomkrieg ausgebrochen wäre, würde die da stehen. Während alle sich in irgendwelche Bunker geflüchtet hätten, hätte sie dort gestanden und sich gewundert, warum du nicht erscheinst. Irgendwann wäre sie achselzuckend nach Hause gegangen und hätte sich einen Kaffee gemacht. So war sie. Bewundernswert zuverlässig.

 

Zico : Was nervt dich an Menschen ?

Werner : Ignoranz, Schlitzohrigkeit, Oberflächlichkeit, Jammern, Hartherzigkeit.

 

Zico : Neulich hast du mir erzählt, dass du das Motto von Pippi Langstrumpf,  "Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt" als weise betrachtest? Meinst du das ernst?

Werner : Absolut.

 

Zico : Aber wenn jeder sich eine Welt bastelt, die ihm gefällt, kommen wir uns da nicht alle in die Quere ?

Werner : Ganz im Gegenteil. Wir würden uns offen begegnen und das Beste für den Anderen wollen. Tatsache ist doch, dass wir uns alle eine Welt machen, die uns NICHT gefällt. Kaum öffnen wir die Augen, machen wir uns Sorgen. Der erste Blick in den Spiegel lässt uns zweifeln und Fehler an uns erkennen. Wir sehen den Tag mit all seinen Aufgaben, schauen auf das, was wir nicht haben, was wir gerne wären und sehen im Fernsehen eine Katastrophe nach der anderen. Filme zeigen uns Dramen, Morde oder Dinge, nach denen wir uns sehnen, und lassen uns im Vergleich, alt aussehen. Was wir haben, verblasst gegenüber dem, was wir gerne hätten. Das erzeugt eine große Disharmonie in uns. Das Glück wirkt zerbrechlich und scheint ein Produkt des Zufalls oder des Schicksals zu sein. Das macht sorgenvoll und ängstlich. Und genau das führt dazu, dass wir uns ständig in die Quere kommen. Weil jeder sich selbst ständig in die Quere kommt.

 

Zico : Also lieber Pippi Langstrumpf ?

Werner : Auf jeden Fall! Danke, dass ich aufgewacht bin. Danke , dass ich einen Körper habe, der schön ist und der mich da hin trägt, wo ich hin will. Und jetzt werfe ich mein Netz aus und fische nach dem Guten. Bleibt mir fern mit euren Katastrophen und Dramen, denn ich möchte den Kommenden stark begegnen. Ich bin geboren, um glücklich zu sein. Und diesen Auftrag versuche ich heute von ganzem Herzen zu erfüllen. Glaube mir: Mit dieser Einstellung verläuft dein Tag anders und somit auch der Tag eines Jeden, dem du begegnest. In `Stell´die Liebe auf mehr´ singe ich davon.

 

Zico : Klingt ein bisschen "eso".

Werner : Du meinst esoterisch?

 

Zico : Ja.

Werner : Weiß ich nicht. Es geht darum, eine Entscheidung zu treffen und die Verantwortung  zu übernehmen. Man muss einfach wissen, was man will -- und dann ab in die Welt. Wer kann dich aufhalten? Niemand! Wenn das "eso" ist, dann bin ich das gerne. Im Übrigen ist es mir egal, was die Leute denken. Wäre ich ein Kind, würde ich sagen, es wird mir von Tag zu Tag "egaler". 

 

Zico . Anders gefragt: Ist diese Einstellung nicht zu positiv, um den Tatsachen gerecht zu werden?

Werner : Du meinst dem, was um uns geschieht? Ganz im Gegenteil. Dieses ständige sich Sorgen machen, diese allgegenwärtige Angstmacherei tut keinem gut und bringt uns nicht ein Stück weiter. Es trennt uns immer weiter voneinander. Die Leute definieren sich immer mehr durch ihr Anderssein. Das ist schlecht. Unsere Einzigartigkeit ist doch das, was wir gemein haben. Aber nein -- aus dieser machen wir ein "Ich bin besser! Ich habe recht! Ich bin mehr wert! Mein Glauben ist der richtige!". Irrsinn. Es wird Zeit, dass wir unseren Geist dem technischem Fortschritt anpassen. Der ist verdammt schnell, doch eine Schnecke im Vergleich zu dem, wozu wir mental und spirituell in der Lage sein könnten und sind.

 

Zico : Welche Rolle spielt da die Musik? Spielt sie eine?

Werner :  Und wie! Die Musik und andere Künste spielen da eine große Rolle, beziehungsweise können sie spielen. Die Kunst bietet den Zugang zu unserem eigentlichen Sein. Sie entspringt ja nicht aus unserem Intellekt, sondern aus dem, wer wir wirklich sind und jeder Einzelne ist. Also ganz egal, wie verquert die Menschen sind, die Gesellschaften, in denen sie leben; in ihren weltlichen und religiösen Normen und Zwängen -- die Kunst bleibt eine wesentliche Konstante.

Ähnlich wie die die Liebe, die sich einen Dreck darum schert, was die Menschen über sie denken, was sie aus ihr gedenken zu machen, wie sie sie sich erklären und zurechtbasteln. Die sitzt ruhig in der Ecke und ist sich selbst genug. Die Liebe und die Kunst sind die Quellen, die niemals versiegen und uns die Richtung weisen. Letztendlich dienen sie dazu, uns selbst zu erkennen. Und ein Mensch, der sich sich selbst erkannt hat, kann kein Krieg führen, denn seine Wertschätzung gegenüber allem und jedem macht dies unmöglich.

 

Zico . Wie verbringst du deine freie Zeit ?

Werner : Ich lese viel. Ich schreibe. Bastle an Song Ideen. Meditiere. Recherchiere im Netz. Sitze gerne in Cafes, treffe mich mit Freunden oder mach es mir bequem im Schlosspark. Ich verbringe gerne viel Zeit mit meinem Sohn.  Manchmal will ich aber auch einfach nur pennen.

 

Zico : Eine Frage noch. Ich weiß, dass du Single bist. Bist du es gerne?

Werner : Und ob. Glaube mir das! Ich wäre ja dumm, wenn ich es nicht wäre, denn mein Leben läuft in diesem Moment. Das Leben hat ja keine Pause-Taste. So wie es ist, ist es gut. Eines Tages werde ich mein Leben wieder mit einem anderen Menschen teilen. Das wird auch gut. Manchmal packt mich die helle Vorfreude. Ein schönes Gefühl.

 

Zico : Danke dir, Werner.

Werner : Ich danke dir auch, Zico.